Ein Bandscheibenvorfall (in der Lendenwirbelsäule) entsteht, wenn der zentrale Teil der Bandscheibe, der Nucleus pulposus, die äußere Hülle der Bandscheibe, den Anulus fibrosus, durchbricht. Aus anatomischen und biomechanischen Gründen erfolgt dieser Durchbruch meist in dorsaler Richtung (nach hinten zum Nervensystem hin). Dabei besteht ein hohes Risiko, dass die Bandscheibe auf eine oder mehrere Nervenwurzeln im oder am Ausgang des Wirbelkanals drückt.
Die Prävalenz von Bandscheibenvorfällen bei akuten Rückenbeschwerden wird auf 1 bis 3 % geschätzt und ist bei Personen zwischen 30 und 50 Jahren am höchsten. Ein klassischer Bandscheibenvorfall beginnt oft mit akuten Schmerzen im unteren Rückenbereich, denen nach einer kürzeren oder längeren Zeit ausstrahlende Schmerzen in einem oder beiden Beinen, Ischias, folgen. Der Bandscheibenvorfall kann jedoch auch allmählicher auftreten.
Die meisten Bandscheibenvorfälle treten in den beiden untersten Bandscheiben auf, also zwischen L4 und L5 sowie zwischen L5 (Lendenwirbel 5) und S1 (Sakralwirbel 1). Bandscheibenvorfälle oberhalb dieser Ebenen treten vor allem bei Personen >55 Jahren auf. Wo die Schmerzen in das Bein ausstrahlen, hängt davon ab, auf welcher Höhe der Lendenwirbelsäule die Nervenwurzeln betroffen sind, siehe Dermatom.
Ursachen
Bandscheibenvorfälle treten oft ohne erkennbaren Grund auf. Häufiges wiederholtes Heben, Sportarten wie Gewichtheben und Hammerwerfen erhöhen nachweislich das Risiko für Bandscheibenvorfälle.
Diagnose
Ein Bandscheibenvorfall ist eine klinische Diagnose. Eine klinische Diagnose bedeutet, dass ein Arzt oder Physiotherapeut nach Anamnese und Untersuchung zu dem Schluss kommt, dass es sich wahrscheinlich um einen Bandscheibenvorfall handelt. Eine Untersuchung mit Magnetresonanztomographie ist nur vor einer möglichen Operation oder bei Vorliegen von Warnzeichen, angezeigt (siehe Artikel über Schmerzen im unteren Rückenbereich).Ein wichtiges Warnzeichen ist das Cauda-equina-Kompressions Syndrom. Dabei handelt es sich um einen Zustand, bei dem der Bandscheibenvorfall alle Nervenwurzeln der Cauda equina komprimiert. Das vielleicht wichtigste Anzeichen dafür, dass dies bevorsteht, ist, dass der Patient empfindet, dass die Schmerzen im Rücken und in den Beinen deutlich stärker sind als zuvor. Typische Symptome und Anzeichen sind auch eine Reithosenanästhesie (verminderte Empfindlichkeit im Unterleib) sowie eine Beeinträchtigung der Schließmuskeln. Das einzige Mittel, um das Auftreten eines Cauda-equina-Syndroms zu verhindern, ist eine Operation. Sobald es sich manifestiert hat, ist es fraglich, ob eine Operation rechtzeitig durchgeführt werden kann, um Schäden an den Nervenwurzeln zu vermeiden.
Etwa ein Drittel der Bevölkerung mit gesundem Rücken hat schätzungsweise asymptomatische Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule. Daher ist es wichtig, dass der Bilddiagnostik eine gründliche klinische Untersuchung vorausgeht.
Therapie
Eine konservative Behandlung ist die erste Wahl bei Bandscheibenvorfällen. Der wichtigste Ratschlag lautet, so aktiv wie möglich zu bleiben und übermäßige Bettruhe zu vermeiden. Aktivitäten, die die Ischiasschmerzen verstärken, sollten vermieden werden. Ischiasschmerzen lassen sich oft nur schwer wirksam lindern. Es gibt viele vorgeschlagene Maßnahmen, die jedoch alle nur schwach evidenzbasiert sind.
Eine Operation kann als letzter Versuch durchgeführt werden, wenn alle nicht-operativen Verfahren versucht wurden und die Schmerzen sich trotzdem nicht lindern lassen. Auf Grund der hohen Komplikationsrate gilt eine strenge Indikationsstellung zur Operation.
Prognose
Die Prognose ist in der Regel gut. Die Heilungsdauer kann stark variieren, teilweise dauert es bis zu einem Jahr, bis die Beschwerden abgeklungen sind.
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